Das Porzellanzimmer

Zur Straßenseite liegt, gegenüber dem historischen Sitzungssaal, der kleine Sitzungssaal, auch Porzellanzimmer genannt. Wie der Name sagt, werden hier ausgewählte Stücke des weltweit einzigartigen, weil sehr seltenen Ottweiler Porzellans gezeigt, das hier in der Ottweiler Porzellanmanufaktur zwischen 1763 und 1780/1800 gefertigt wurde. Prunkstück der kleinen Sammlung ist eine Deckelterrine mit dem Titel „Die flüchtige Liebe“.

Fürst Wilhelm Heinrich von Nassau-Saarbrücken konnte sich als aufgeklärter Souverän der Begeisterung für den neuen Werkstoff Porzellan nicht entziehen. So ließ er schon 1747 von Simon Feylner den Speisesaal im Saarbrücker Residenzschloss „à la porcelaine“ ausmalen.

Außerdem konnte er mit der Anlage einer Porzellanmanufaktur nicht nur die Schaffung neuer Arbeitsplätze erreichen, sondern auch seinen eigenen Status innerhalb des deutschen Adels heben oder zumindest sichern. Der Saarbrücker Hof unterhielt zudem sehr enge Verbindungen mit Dresden und Versailles, und so mögen wohl die Anregungen, im Fürstentum Nassau-Saarbrücken ebenfalls eine Manufaktur einzurichten, auch von dort gekommen sein.

Wie die Gründungsurkunde der Manufaktur berichtet, wurde am 29. Dezember 1763 Dominique Pellevé, ein Porzellanfabrikant aus der Normandie, vom Fürsten Wilhelm Heinrich durch feierlichen Schwur in Dienst genommen und versprach u. a. seinem neuen Brotherrn, ihn mit allen Geheimnissen der Porzellanherstellung bekanntzumachen.

Die kleine Stadt Ottweiler (1764 lebten hier 1 450 Personen), welche durch die Verlegung der Residenz nach Saarbrücken etwas ins Hintertreffen geraten war, wurde dazu ausersehen, die Fabrik aufzunehmen – einmal, um Ersatz für die Hofhaltung zu schaffen, und außerdem war der Umstand entscheidend, dass sich im nahegelegenen „Eichenwäldchen“ Vorkommen von Gesteinen und Erden zeigten, welche für die Keramikindustrie geeignet waren.

1764 war das Werk im Gange. Die Leydorff’sche Mühle wurde in eine Quarzwackenmühle umgewandelt und befand sich im Herrengarten, dort, wo durch ein Wehr die Blies gestaut war und dadurch die Möglichkeit bestand, das Tongemenge zu verarbeiten (das Gebäude musste dem Bau der heutigen B 41 weichen).

In der ersten Epoche der Manufaktur von 1763 bis 1768 bezog man gute Porzellanerde aus der Passauer Gegend, die einen reinweißen Scherben hervorbrachte. Die Porzellane, die in der ersten Zeit gefertigt wurden, sind vergleichbar mit Meissener Porzellan oder Produkten aus Nymphenburg oder Sèvres, wo mit der gleichen Porzellanerde produziert wurde.

Interessant und für den technischen Hochstand der Industrie an der Saar bereits im 18. Jahrhundert außerordentlich bezeichnend ist die Tatsache, dass in der Ottweiler Manufaktur die Rohware in Öfen mit Steinkohlenfeuerung gebrannt wurde, sie also die wahrscheinlich erste in Europa war, die auf diese Weise gute Resultate erzielte.

Wilhelm Heinrichs Sohn und Nachfolger, Fürst Ludwig, erbte allerdings nach dem Tod des Vaters im Jahre 1768 nicht nur die von diesem in Gang gebrachten Gruben, Eisen- und Glashütten, sondern auch einen Schuldenberg von zwei Millionen Gulden und dieser musste abgebaut werden.

Immerhin ließ Fürst Ludwig die Porzellanmanufaktur in Ottweiler nicht schließen, sondern ließ Porzellanerde aus dem Raum Nohfelden und die großen Quarzblöcke aus dem Hunsrück verarbeiten. Außerdem verpachtete er sie 1769 „ohne Entgelt“ an René Francois Jolly aus Nancy und Nicolas Leclerc aus Dieuze, um seinen Untertanen in Ottweiler die Arbeitsplätze und seinem Land ein gewinnversprechendes Gewerbe zu erhalten.

In der Manufaktur haben bedeutende Künstler gearbeitet, so der berühmte Modelleur Paul Louis Chyfflé aus Brügge (1765), Trentz (1767), Karl Gottlieb Grahl (1768), Vanuson (1770), Friedrich Carl Wohlfahrt aus Ellwangen u. a.

Die beiden Pächter Jolly und Leclerc führten die Ottweiler Manufaktur, nachdem ihr Vertrag 1771 für weitere 15 Jahre verlängert worden war, äußerst erfolgreich bis zum Jahre 1789. Ein Konsortium unter der Führung des Oberhofmeisters Johann Philipp Treba übernahm in jenem Jahr durch den fürstlichen Bauinspektor Schmidt als seinem Beauftragten das Eigentum und die Leitung der Manufaktur. Fürst Ludwig gestattete der Führung der Manufaktur nicht nur Porzellan und Fayencen, sondern auch geringwertiges Geschirr zu produzieren und zu exportieren.

Die herannahende Französische Revolution und ihre Folgen bewirkten, dass die fürstlich gelenkte Industriekultur zusammenbrach. Auch in Ottweiler verließen Arbeiter und Meister der untergegangenen Fürstlichen Porzellanmanufaktur ihre Heimat und siedelten sich bei der kurz vor 1790 neu gegründeten Fayencenfabrik in Saargemünd an.

Aus der fast 40-jährigen Produktionszeit der Ottweiler Porzellanmanufaktur sind heute noch etwa 132 Teile über Museen und Privatsammlungen rund um den Erdball verstreut.

Die meisten, schönsten und wertvollsten Stücke der Ottweiler Manufaktur besitzt die Alte Sammlung des Saarland Museums in Saarbrücken. Die Alte Sammlung hat dem Landkreis Neunkirchen 13 Teile als Dauerleihgabe zur Verfügung gestellt. Im Jahre 2005 hat die Sparkasse Neunkirchen eine Terrine mit Platte im Kunsthandel erworben und ebenfalls dem Landkreis als Dauerleihgabe zur Verfügung gestellt. Die Exponate sind im Witwenpalais in Ottweiler ausgestellt.